Österreich im Schnelldurchgang 2021

...aber ooohne Stress!


Bahnzeit!




Kartenbasis der naiven Malerei: Kursbuchkarte der ÖBB)

Zweidreiviertel Stunden im offenen Wagen in die Alpen: Die schmalspurige Mariazellerbahn von Niederösterreichs Landeshauptstadt Sankt Pölten nach Mariazell auf 760 mm Spurweite. Wir klettern von 270 auf bis fast 900 Meter Meereshöhe (hier: Pegel Triest, wir sind ja in Österreich). Zugfahren kann auch Spaß machen!

Die Alpen von unten...


...und von der Seite. Der "Ötscher", Namensgeber unseres Zuges aus historischen Fahrzeugen im Regelverkehr.


Krass! Die waren da alle drin! Elektrolokomotive = 110 Jahre alt.


Nanu? Da oben fährt ´ne Dampflok zwischen Ort, Bahnhof und...


...diesem See hin und her, den wir uns aber querfeldein durch Wald und Wiesen erwandern und uns das Bad (18°C) dann auch verdient haben.


Einige Stunden und einen Sonnenbrand später begeben wir uns zum Bahnhof zurück. Dabei treffen wir auf unseren Zug, den "Ötscherbär", von heute früh.
Das Foto gelingt sogar ohne den sonst obligatorischen weißen Lieferwagen auf der Straße! Rechts die Strecke der mit Straßenbahnen und Dampfloks betriebene S-Bahn Mariazell (s. zwei Bilder weiter oben).



Das hat Spaß gemacht vorhin in diesem offenen Wagen. Gut angelegte 5 Euro Zuschlag für kein Dach.


So sehen die Züge auf dieser Schmalspurbahn normalerweise aus (Hurra, wieder ohne weißen Lieferwagen!). Irgendjemand meinte, die sollten Feuertreppe "Himmelstreppe" heißen.




Mariazell downtown bzw. besser uptown. Die unheimliche Flutung der unschuldigen Bergstadt durch tobende Touris (und uns) steht kurz vor den Höhepunkt. Notfalls kann man aber auch zum Arzt gehen.


Mit dem Überlandbus fahren wir in etwa eineinhalbstündiger nach Karpfenberg an die "Südbahn" hinunter, die von Wien über den Semmering in die Steiermark führt. Wir nutzen dafür die "Tageskarte Steiermark", die für schlappe 11 Euro freie Fahrt im ganzen Nahverkehrs des Bundeslandes erlaubt.
Im Bus ist die Haltestellenansage kaputt und verkündet mitten im Wald, dass wir nun gleich ein größeres Einkaufszentrum erreichen würden.
In Karpfenberg herrscht allerstrengstes Alkoholverbot!



Fuzzyschicksal: knpisen, hinteherrennen, einsteigen!
Leander lässt es mit dem Hinterherrennen und nimmt einfach den nächsten Schnellzug 10 min später in die gleiche Richtung. Wie gesagt: ooohne Stress! Links unten die Bierdose, die man hier nicht austrinken darf.



Was für ein Tag! Dieses Giftpilzgulasch in Leoben am Hauptplatz ist ehrlich verdient (Handyfoto). Nee, ohne Quatsch, war echt lecker und die Bedienung nett!


Neuer Tag! Der Berg ruft *hollada-hu-di*! Wir fahren mit dem Kraftomnibus des Linienverkehrs (vulgo: dem Postbus) von Leoben nach Vordernberg am Fuße der richtig hohen Berge. Also wirklich Vor-den-Berg. Die Laternen und Kirchen stehen auch dort in Wirklichkeit natürlich lotrecht. Aber ein Weitwinkel-Objektiv bringt selbst ausgewachsene Berge problemlos zum Wanken. In Vor-dern-berg beginnt der Bergabschnitt der...


...Erzbergbahn, die mit 7,1% steilste Normalspurbahn der EU ohne Zahnstange.
Einst wurde das Erz vom Erzberg zum Stahlwerk Donawitz bei Leoben über den Berg gewuchtet. Viel mehr als vier, fünf Wagen schafften auch zwei Diesellokomotiven nicht über den Pass.



Der Güter- und später auch der Personenverkehr wurden längst eingestellt. Die Steilstrecke über den Präbichl hinauf zum einsamen Bahnhof Eisenerz wird von einem rührigen Verein als Musemsbahn erhalten und im Sommer mit den hier einst eingesetzten Schienenbussen betrieben. Im Winter wird die Strecke teilweise als Skipiste genutzt.


Steiler Zahn: Zu Dampfzeiten wurde mit Zahnradloks gefahren. Triebwerk einer Zahnraddampflok der Baureihe 97.


Da wollen wir hoch: Teile des Bergabschnitts über den 1.204 m hoch gelegenen Präbichl.
Schwerstarbeit für die beiden Schienenbusse des Vereins Erzbergbahn...



...die uns oben an den steirischen Erzberg bringen.
Wer will, der (oder die oder das) kann dort oben auf der Ladefläche eines Haulys (Muldenkipper XXL) eine Fahrt in die Abbaugebiete machen (hinten).



ÖBB-Fahrplan 1979, als noch alle Abschnitte in Betrieb waren und man durchgehend "oben rüber" fahren konnte. Inzwischen findet nur noch zwischen Leoben und Donawitz (sowie selten bis Trofaiach) sowie zwischen Eisenerz und Hieflau Güterverkehr statt.


Eine Überraschungstafel. Bedeutung: Eine Überraschung ist zu erwarten!


Helm ab zum Gebet! Die mussten die Fahrgäste auf dem Hauly aufsetzen, damit ihnen kein Erz auf den Kopf fällt.


Das unglaublich nette und absolut kompetente Personal des Zuges nimmt uns von Vordernberg Markt noch mit bis zum Heizhaus unten in Vordenberg "Hauptbahnhof". Liebe Erzbergbahner, wenn ihr das lest: das war ganz große Klasse bei euch!
Mit einem Postbus fahren wir nach Leoben zurück. Als wir an der einsamen Haltestelle vor dem Heizhaus zusteigen schaut uns der Busfahrer an, als wären wir hier seit 10 Jahren die ersten Fahrgäste.


Unten in Leoben gibt´s erst einmal den Klassiker österreichischer Stieleis-Kultur:
ein "Jolly"! Das schleckte ich schon als kleines Kind (Handyfoto).



In einem Intercity fahren wir am offenen Fenster (bis es zu regnen beginnt) von Leoben über den Schoberpass südlich um den Erzberg herum und landen in den 1990er Jahren.
Der Bahnhof Selzthal atmet irgendwie noch die Atmosphäre der "alten" ÖBB und hat sich Verbundpflaster und einer Stahl-Glas-Modernisierung erfolgreich widersetzt. Alpenheuler (rechts), ÖBB-Flatsch (s. Eingangsbild auf der Uhr) oder...



...dieser Wartesaal: alles irgendwie retro.
Eineinhalb Stunden haben wir hier Aufenthalt, in denen wir eigentlich nichts machen und einfach nur das Treiben in dieser Zeitmaschine um uns herum beobachten.



In einem von vier Zügen der Woche sausen wir durch das Gesäuse und landen in Waidhofen an der Ybbs.
Die Nahrungssuche führt uns am Schloss vorbei.



1532 durfte man noch stolz sein, wenn man die Türken aus der Stadt gejagt hat.
Mit diesen Gedanken verschwinden wir in der Falle.



Neuer Tag, wieder schmale Spur: auf 3 Kilometer ist das einst über 75 km lange 760-mm-Schmalspurnetz im Ybbstal kastriert worden.
Immerhin gibt es den Stadtviadukt in Waidhofen noch. Alle 30 min pendelt ein Triebwagen als "City-Bahn Waidhofen" durch die 11.000-Einwohner-Kleinstadt.



Leider ganz knapp ohne Sonne. Grrr!




Und damit auch niemand auf die Idee kommt, die Strecke wieder reaktivieren zu wollen, wird flugs ein Schalthäuschen ins Profil gestellt.
Irgendwie ist die Verkehrswende in Österreich noch nicht bei der Eisenbahn angekommen.



City-Bahn Waidhofen. Jetzt hat auch die Leuchtmurmel am Himmel ein passgenaues Einsehen.


Auf der Weiterfahrt über Amstetten nach Linz begegnet uns diese Aufblasbare. Wir finden: ein guter Grund, den Zug fluchtartig zu verlassen, mal einen Takt auszusetzen und einer echten Dampfspeicherlok beim Arbeiten zuzuschauen und -hören.


Wir erreichen Linz, proppere Industrie- und Hauptstadt Oberösterreichs. Durch die Gassen der Stadt wandeln wir zum Hauptplatz (oder wie der hier heißt).


Die schöne blaue (?) Donau, Blickrichtung Rumänien.


Besuch am Bahnhof Linz-Urfahr am nördlichen Donauufer.


Was von der Verbindungsbahn Urfahr - Linz übrig blieb: ein Prellbock und ein herausgerissenes Gleis in den Straßen Urfahrs.
Die Fahrzeuge der hier beginnenden Mühlkreisbahn müssen nun auf dem Straßentieflader mit dem Rest der Schienenwelt getauscht werden.



Zurück auf dem Hauptplatz. Wir erleben die Ruhe vor dem Sturm, bevor das hier alles einmal ganz kräftig geduscht wird!


Das war´s! Alles pünktlich, alles gepflegt, alle Eisenbahner (und Busfahrer) unglaublich nett, es war ein Besuch in einer gefühlt irgendwie heileren Eisenbahnwelt - wenn da nur nicht solche Dinge wie etwa die verstümmelte Waidhofener Schmalspurbahn wären oder dass man auf die privatisierte Mariazellerbahn nicht mehr aus Deutschland durchlösen kann.
Wir beenden den dreitägigen Österreich-Besuch mit einem Eisbecher, bevor wir uns wieder in den gerade bestreikten Bahnverkehr Deutschlands stürzen. Guten Appetit!



www.desiro.net