Pfingsten 2020: Drei Tage Duisburg!

Alpen liegt nicht in den Alpen
Die DB hat keinen Krabbenkutter mehr
Leonie ist 5,4 Knoten schnell



Prolog:
Pfinkschtn 2020 steht vor der Tür. Eigentlich wollten Michael und ich nach Bayern fahren, so wie auch in der Vergangenheit bereits geschehen. Jo mei, nur leider hat sich die Ministerialbürokratie im Hause Söders nicht wirklich mit Ruhm bekleckert, was den rezeptfreien Umgang mit dem Tourismus in der unmittelbaren Post-Corona-Zeit und die Eindeutigkeit ihrer Kommunikation betraf. Doch bevor wir irgendwo zwischen Inn und Isar nur aufgrund unseres bloßen Daseins noch zu einer Geldbuße verdonnert werden oder keine Unterkunft finden, betrachteten wir also mögliche Alternativen. Oder besser: wir betrachteten am Morgen des Pfingstsamstags den Abfahrtsplan des Stuttgarter Hauptbahnhofes und was die Deutsche Bahn AG mit ihrer Weißen Flotte denn in der nächsten Zeit so im Angebot hatte. In der engeren Auswahl standen beispielsweise das Saarland und Nordhessen. Das leere Abteil im ICE3, wo man dann auch mal gefahrlos den blöden Spritzschutz absetzen konnte, war dann aber zu verlockend, und so brausten wir kurze Zeit später in Richtung Nordrhein-Westfalen gen Nordwesten. Genauer gesagt: nach Duisburg.

Zugegeben: Duisburg ist vielleicht nicht unbedingt der erste Ort, den man mit einer Frühlingsreise über die Pfingsttage in Verbindung bringt. Aber, hm, warum auch nicht auch einmal Duisburg, und an die Küste kann man dann ja immer noch mal fahren (was wir dann auch taten, doch dazu später mehr). Und wenn niemand nach Duisburg fährt, verhalten wir uns ja Corona-mäßig geradezu vorbildlich und bewegen uns antizyklisch zu den Völkerwanderungen in die touristischen Hotspots. Nächstes Jahr fahren wir dann nach Castrop-Rauxel (lateinischer Name von Wanne-Eickel).

Ganz so lange bis wir Spinnenweben ansetzen müssen wir doch nicht warten!
Vor der Abfahrt in Stuttgart.


Sonnabend/Samstag
In Düseburg bekommt Michael recht günstig Zimmer im "Intercity-Hotel" reserviert, strategisch günstig direkt gegenüber des Hauptbahnhofes gelegen. Wir beziehen zwei Einzelzimmer, damit ist auch jeglichen virunösen Regeln zu Hygiene und Abstand Genüge getan. Dennoch ist das Prozedere doch noch ein wenig anderes als gewohnt, wobei der zu tragende Spritzschutz in der Lobby noch das geringste Ungewohnte ist. Belegt werden nur einzelne Etagen in dem fast leeren Hotel, und Frühstück gibt es erst ab dem Montag wieder. Dies wiederum muss man in einem bestimmten, vorher festgelegten Zeitfenster von 30 Minuten einnehmen, danach wird (angeblich) 15 min gereinigt und desinfiziert. Außerdem gibt es nur drei Auswahl-Pakete "süß", "herzhaft" und etwas mit Müsli. Aber egal, das ist jetzt halt so!

Wir checken ein, erholen uns ein wenig von unserer unglaublich strapaziösen Reise (rund drei Stunden! Puh!) und machen uns auf den Weg zur nordrhein-westfälischen Landesgartenschau. Diese findet anno 2020 im niederrheinischen Kamp-Lintfort statt. Und sie findet auch wirklich statt, im Gegensatz etwa zu ihrer abgesagten Schwester in Baden-Württemberg (Überlingen). Eigens dazu reaktivierte man unter einigen Geburtswehen ein totes Gleis bis direkt vor das Gelände. Reaktivierte Bahnstrecken - das ist ja etwas für meines Vaters Sohn! Mal schauen, wie das anderswo so gemacht wird.
Endstation Kamp-Lintfort, unmittebar vor dem Laga-Gelände gelegen. Auf sanierter Strecke brachte der Nordwestbahn-Lint eine Handvoll Blümchengucker in die Stadt, die trotz ihrer fast 40.000 Einwohner sonst nicht mit dem Zug zu erreichen ist. Und regnen sollte es beim Warten auf den Zug auf diesem Bahnsteig möglichst auch nicht.


Primel & Co. wollen wir uns heute aber nicht mehr anschauen, dafür aber den Verkehr auf der "neuen" Strecke.
Am Bahnübergang am Ortseingang von Ka-Li verhindern Schranken die Kollision der ungleichen Verkehrsmittel. Leider präsentiert sich die Straße im Moment des Auslösens völlig autofrei. In 10 Jahren schaut man sich sonst die Bilder an, und die Züge sind oft noch die gleichen. Aber die alten Autos damals... Gruß auch an den netten Lokführer!


Dann fährt der Lint fort.


Wir laufen zur nächsten Bushaltestelle (auf dem Bild oben gaaanz hinten rechts im Bild zu erkennen), wo immerhin alle 15 min ein Bus die sonst fehlende Zuganbindung der Stadt zu kompensieren versucht. Auch in der Gegenrichtung nutzt ein Beförderungsfall die Minimalausstattung einer Bushaltestelle im Hinterland. Ahmed oder Mohammed (auf jeden Fall der Busfahrer türkischer Provenienz) ließ es sich nicht nehmen, auf unserer Höhe noch einmal anzuhalten und aus dem offenen Fenster zu krähen, ey, habt ihr misch da fotografiert? Die passende Antwort "nein, so hübsch bist du ja nun auch wieder nicht" fiel uns dann leider erst später ein.
Minimalausstattung einer Bushaltestelle am Rande der Zivilisation. Voll krass, Alder!


Der Bus, ein leidlich gepflegter MAN mit brettharten Sitzen, bringt uns in über halbstündiger Fahrt nach Moers. ÖPNV zum Abgewöhnen! Moers... Irgendwie muss ich da immer an das Kleine Arschloch denken. Und das, was wir von der Stadt zu sehen bekommen, ist auch nicht wirklich besser (sorry, liebe Moerser, kleine Arschlöcher etc.). Immerhin ist der Bahnhof hübsch herausgeputzt. Man kann sich im Empfangsgebäude vor der Fahrt sogar noch schnell ein Arsch(loch)geweih stechen lassen. Nur zu essen gibt´s nichts. Blöd! So besteigen wir den Zug - wieder ein Lint - nach Xanten mit leeren Bäuchen, und für das Tattoo war leider auch keine Zeit mehr. Unterwegs kommen wir durch...
...Alpen. Nein, das liegt nicht in den Alpen, sondern am Niederrhein!



Ein Satz mit X: Das war wohl Xanten. Reger Fahrgastwechsel findet statt. Früher ging´s hier noch weiter bis Kleve.


Die Stadt selber mag sehr zu gefallen! Der Touri tobt, und wir toben fleißig mit. In der Innenstadt degustieren wir eine Bottroper Schlemmerpfanne. Hmm, das schmeckt lecker!


Zwischendurch wird mal der Westwall eingenommen. Hurra!


Mit dem Bus (dieses Mal ein Mercedes in deutlich besserem Pflegezustand) hüpfen wir später von Xanten über den Rhein. Auch hier gab es einst eine Schiene. Immerhin fährt der Schnellbus auch wirklich ziemlich direkt nach Wesel. Wie hieß da doch gleich der Bürgermeister?
In Wesel stoßen wir auf ein Plakat, welches unser Schicksal für den Pfingstsonntag bestimmen sollte.


Zurück in Düseburg! Der leichte Nebel ist nicht echt, sondern den nicht wirklich porentief reinen Scheiben des Hotelzimmers geschuldet.



Sonntag
Der nächste Tag führt uns abermals in die Stadt, wo man dem Namen des berühmten Echo-Bürgermeisters mit unzähligen Eseln huldigt.


Nett ist es hier, irgendwie erinnert die Landschaft am Strom schon ein wenig an das gar nicht mehr so ferne Meer.
Über diese Brücke der alten Hamburg-Venloer Bahn, wo einst sogar Schnellzüge ihre Bahnen in einem großen Bogen nördlich um das Ruhrgebiet herum zogen, ist allerdings seit Adolfs Zeiten kein Zug mehr gefahren


Taktische Zeichen! Wir sind auf dem richtigen Weg!



Unser Ziel ist der Zug des Historischen Schienenverkehrs Wesel, dessen Fahrtankündigung wir gestern auf dem Plakat vor dem Bahnhof entdeckt haben.



Der bunte Zug aus einer kleinen Rangierlok und diversen Zweiachern fährt ein Stück über die Weseler Hafenbahn, kreuzt im DB-Bahnhof die "Hollandstrecke" Amsterdam - Ruhrgebiet und befährt dann noch auf rund 3,5 km einen Rest der alte Hamburg-Venloer Bahn bis zu einem Anschluss, wo das Gleis im Wald endet.
Leider war die Besetzung der top-gepflegten Wagen sehr überschaubar. Halten die blöde Bazille oder der obligatorische Spitzschutz vor dem Mund die Leute wirklich vom Zugfahren ab?



Unterwegs kann man ein historisches Wasserwerk besichtigen, heute leider nur von außen. Immerhin weiß ich jetzt, wie der Druck auf der heimischen Wasserleitung konstant gehalten wird.


Endstation "Hohe Mark". Solle besser "Tiefer Wald" oder wenigstens "Hohes Gras" heißen. Gerade läuft die kleine Lok inmitten der Botanik um. Hoffentlich holt sie sich dabei keine Zecken.


Am Bahnhof steigen wir bei der Rückfahrt aus dem Museumszug und besteigen einen "Flinkster"-Mietwagen, oder auf gut deutsch: wir machen Carsharing. Mit der individual-motorisierten Gummikonkurrenz wollen wir einmal ein wenig intensiver das Hinterland am Niederrhein erkunden. Mehr als nur auf dem Weg zum Traum von Amsterdam durchgefahren sind wir durch diesem Landstrich jedenfalls beide noch nicht.
Wieder linksrheinisch treffen wir uns mit einem Lint-Triebwagen der Nordwestbahn in einem Bahnhof, dessen Name mir leider entfallen ist. Vor Schreck endet hier auch gleich die Oberleitung.


Achtung, historisch: In Geldern kreuzte die Hamburg-Venloer Bahn (die mit der kaputten Weseler Rheinbrücke und der Museumsbahn) die Strecke (Nijmegen -) Kleve - Krefeld. Die Brückenwiderlager sowie der alte Gelderner Ostbahnhof haben bis heute überdauert.


Hier mal´n Kraftwagen und noch einer: Am Bahnhof von Kevelaer trifft unser Ford Fiasko (rechts) einen Kollegen. Der Fahrzeughalter ist ein Freund alter Kfz-Kennzeichen.


Die Strecke Kleve - Xanten erfuhr ein Downgrading auf Radweg-Niveau. Schamhaft hat man einige Devotionalien der Eisenbahn entlang des Radweges arrangiert. Die Ruine hinter dem Baum von Maria ist übrigens das alte Empfangsgebäude. Doch im Gegensatz zum "Schnellen Brüter" im nahen Kalkar ist die Bahn wenigstens in Betrieb gewesen.


Wir fahren nach Wesel zurück und geben den Wagen wieder ab.
Im Bahnhof kommt zufällig der Museumszug auf seiner letzten Runde vorbei. Das nette Personal erkennt uns sogar wieder.


Bis zur Abfahrt unseres Zuges ist noch etwas Zeit, die mit einer Fahrt zum nächsten Bahnhof und zurück sinnstiftend gefüllt wird.
So kann ich endlich behaupten, wirklich einmal in der sprichwörtlichen Feldmark gewesen zu sein. Die Höhe der Bahnsteige knapp oberhalb der Wahrnehmungsgrenze wird diesem Niveau vollumfänglich gerecht.


Dann fahren wir von Wesel in nördliche Richtung auf die Stichbahn nach Borken. Nein, nach Bocholt. Kriege ich immer durcheinander. Die Firma Labello hat dort die Verkehrsdienstleistungsausschreibung gewonnen. Der nächste Lint also, langsam wird es langweilig.
Hier ein Bild von da, falls ihr längere Zeit nicht dort wart. Wenn das die olle Bundesbirne noch erlebt hätte, dass ihre blühenden Landschaften auch im güldenen Westen erwuchsen! Man beachte auch die hochgesetzten Sperrsignale rechts.


Bocholt: Ein irgendwie ziemlich sinnloses Ausfahrsignal, keine 100 Meter vor dem Prellbock am Streckenende aufgestellt.


Bocholt ist heute nur noch Endpunkt einer Stichstrecke (der von Wesel), und das etwa 15 km entfernt gelegene Borken ebenfalls (aus Ri. Essen). Der Schienenstrang dazwischen ist wie alle anderen Bahnen in der Gegend, die zum Beispiel zum Holländer rüberführten, längst vom Gleise befreit. So vertrauen wir uns zur Überbrückung zwischen Bo(cholt) und Bo(rken) den Diensten eines Kraftomnibusses des Linienverkehrs ein. Satte 7,70 Euro wollen die Beutelschneider vom "Westfalentarif" für das kurze Stück haben - mit rund 45 Cent pro Kilometer ist Busfahren hier teurer als die Nutzung eines Automobils bei Vollkostenrechnung! Die Dame, die wir mittels Video-Sprechstelle am Fahrkartenautomaten konsultieren (und die dann während des Gesprächs auf dem Touchscreen-Monitor des Automaten zu sehen war - witzig!), bestätigt, dass nicht einmal die Bahncard gilt (und der echte Bahnbus fährt leider erst 30 min später).
Immerhin entschädigt die Fahrt "vorne oben" in dem dann um die Ecke biegenden Schlachtschiff von Bus ein wenig für diese Weglagerei.
Busbahnhof Bocholt, der Bus nach Borken ist so hoch wie der Fahrpreis.




In Borken sieht es so aus wie auf diesem Bild. Der top-gepflegte ältere Talent-Triebwagen der Nordwestbahn aus Essen hatte 5 min Verspätung, was die auf dem Vorplatz wartenden Busse aber nicht davon abhielt, unmittelbar vor dem Eintreffen des Zuges auszuschwärmen! Tipp vom Profi: Das nächste Mal wieder das Auto nehmen! Ihr seid hier als Kunden nicht erwünscht!


Montag:
Aus Stuttgarter Sicht liegt Duisburg schon fast an der Nordsee. Grund genug, morgens um halb neun Uhr in den Intercity nach Norddeich Mole zu steigen und den Gestanden des Meeres entgegen zu fahren. Dank Corona habe ich den plattdeutschen Strand seit dem Februar nicht mehr gesehen, und das bedeutet für einen Fischkopf doch schon eine gewisse Pein an Entzugserscheinungen. Im Abteil des Interregio-Steuerwagens genießen wir die (maskenlose) Fahrt und die Möglichkeit, den Kopf in den Sommerwind zu strecken. Wie lange wird das noch möglich sein?
In Leer kommen uns zwei Westfalen-Bahnen...


...und in Emden zwei Loks der Baureihe 156 entgegen.


Norddeich Mole, der nächste RE nach Hannover steht am einzigen Bahnsteig des Molen-Haltepunktes zur Abfahrt bereit. Werden die paar Meter zwischen Norddeich Mole und Norddeich immer noch zum See-Tarif abgefertigt? Das Aufkommen am Fährhafen ist überschaubar, denn Norderney hat die Einreise von Tagesgästen verboten


Während Michael ein Stück den Deich entlang läuft, suche ich mir eine von Schafsköddeln freie Stelle und lege ich mich auf selbigen, genieße die würzige Seeluft, das Kreischen der Möwen und den Blick auf´s Meer. Zur Erinnerung nehme ich trotz Sonnencreme einen formidablen Sonnenbrand mit nach Hause, in der folgenden Nacht muss ich rot geleuchtet haben (gut, dass wir Einzelzimmer haben).
Zu unserer Überraschung finden wir den Krabbenkutter "Jens Albrecht II" der Deutschen Bahn AG aufgebockt an Land liegen, und das offenbar schon länger. Was mag mit ihm geschehen sein?


Deutlich günstiger als im Hafengebäude der Reederei "Frisia" und geradezu opulent belegt sind die Krabbenbrötchen in de Beers Fischrestaurant auf der Ostmole! Die Krabben sind alle tot, weil sie den Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten haben. Alleine für dieses Gastmahl des Meeres hat sich die Reise an die See schon gelohnt!


Ein Wirt kommt schiffen Ein Schiff wird kommen!


Das erste Stück der Rückfahrt ist ein Teppich-RE, ab Emden dann ein richtiger Intercity. Sogar ein Abteil im Interregio-Wagen ist noch frei!


Unterwegs fragt ein netter Herr ins Abteil, ob jemand von uns Heiko Focken wäre! Äh... ja... ich?! Es war Jörg Blaschke aus Osnabrück, der anhand eines kurz zuvor bei DS Online getätigten Eintrages kombiniert hat, dass ich in diesem Zug sitzen müsste und dann sicherlich in dem Interregio-Wagen einen Platz bezogen habe! Also, Sherlock Blaschke, das war schlechterdings genial!
Bis Rheine (liegt nicht am Rhein) fahren wir gemeinsam, dann trennen sich unsere Wege.



Zurück in Duisburg machen wir uns ein wenig frisch und gehen auf Nahrungssuche. Leider hat in der Stadt und im Bahnhof alles zu, was halbwegs an ein Restaurant erinnert.
So bleibt wieder nur der Weg zum Schnellrestaurant, wo es einen "Duisburger" mit unsäglich fettigen Fritten gibt (Handy-Foto).


Danach wandeln wir noch ein wenig auf Industrie-kulturellen Pfaden. Zuvor hat die Duisburger Verkehrs-Gesellschaft jedoch eine Zeitreise in die 1970-er Jahre gestellt. Gerade fährt die zeitgenössische Strabse in die düstere (und ziemlich verwirrend ausgeschilderte) Kachelwelt vergangener Geschmacksverirrungen ein. Anschließend geht es minutenlang duch Straßen, in denen es nur Handyläden, Tattoo-Studios, kitschige Hochzeitsausstatter und ganz viele Freunde von 3er-BMWs mit eingebautem Dönerhalter gibt. Auch der pöbelnde Busfahrer aus Kamp-Lintfort vorgestern würde sich dort wohlfühlen.
Zeitmaschine zu den Mannesmännern


Unser Ziel: hier zu sehen. Oder nicht? In Duisburg ist man in Sachen Stadtbild ziemlich schmerzfrei und genehmigt vor seinem heimlichen Wahrzeichen den Bau einer fetten Lagerhalle!


Wir besteigen die ehemalige Abraumhalde, auf der die Skulptur "Tiger & Turtle" weithin in die Landschaft blickt. Begehbar war sie an jenem Abend allerdings nicht, offenbar will man Gedrängel und Infektionen vermeiden.
Genau rechtzeitig zum Sonnenuntergang kommen wir oben an. Kurze Zeit später wird auch die Beleuchtung von Tiger und Schildkröte angeschaltet.












Dienstag
Irgendwie mag ich den Duisburger Bahnhof nicht. Einmal ist da die Bahnhofshalle über den Gleisen, die den Eindruck macht, als würde sie jeden Moment über einem zusammen brechen. Dann haben die Jungs und Mädels vom Fahrdienst gar keinen Plan bei der Gleisbelegung: wenn der ICE nach Amsterdam innerhalb von fünf Minuten auf drei verschiedene Gleise hin- und her verlegt und das Volk dabei zweimal durch den Tunnel gescheucht wird, dann ist da irgendwas nicht wirklich gut geplant - und das war leider kein Einzelfall. Drittens ist es seltsam, dass auf einem Sonntagmorgen nahezu alle Geschäfte einschl. der Fressbuden im (viertens: viel zu langen) Bahnhofstunnel geschlossen haben - nur das für Handyhüllen hat offen. Und bei solcher Werbung, die zudem auch oben an den Bahnsteigen und an den Treppenstufen hing, sollte sich die Eisenbahn schämen, so etwas in ihren Bahnhöfen aufzuhängen.
Im Bahnhof Duisburg liegt die Zukunft auf der Straße! Schnell weg!


Wir besteigen den Eurocity Hamburg - Köln - Interlaken, gebildet aus Großraumwagen der SBB, und fahren etwa zwei Stunden rheinaufwärts in südliche Richtung bis zur Moselmündung. Unser Ausstiegsbahnhof ist ein wenig kleiner als der in Duisburg, dafür hängt keine Werbung für Straßen in der Empfangshalle. Wir haben vom Zug aus spontan wieder ein Teil-Auto reserviert. Das steht allerdings auf der Rückseite des Bahnhofes unter einer monströsen Hochstraße, wo es riecht wie in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt.
Zum Glück sieht man in Koblenz vorne nicht, wie es hinten stinkt.



Kowelenz liegt ja wirklich nett, so zwischen Hunsrück, Eifel, Mosel und Rhein. Aber irgendwie hat die Stadt ein massives Problem mit dem Straßenverkehr. Zum Wohlfühlen lädt das alles nicht wirklich ein, außer vielleicht vorne an der Rheinpromenade Richtung Deutsches Eck oder die Seilbahn rüber nach Ehrenbreitstein (die muss ich auch irgendwann mal fahren). Und natürlich drüben in Lützel das DB-Museum.

Unser flinkster Wagen ist ein winziger japanesischer Kleinwagen, der schon deutlich bessere Zeiten gesehen hat. Das Fenster auf der Fahrerseite lässt sich nicht öffnen, und beim Losfahren an der Ampel muss man bei dem kleinen Motor ordentlich Gas geben, damit er nicht absäuft oder einen die Fußgänger überholen. Nur gut, dass wir nur wenige Kilometer zu fahren vorhaben.
Koblenz bereist man am besten mit dem Auto, dann ist man immerhin selbst Teil des Problems. Südlich von Braubach wird´s dann schöner.



Die Marx-Engels- Marksburg und ein Flirt-Triebzug der Vias, einem Ableger der dänischen Staatsbahn. Und das im Mittelrheintal!


Ein Stück weiter, kurz hinter Osterspai, steigen wir hinab ans Flussufer und schauen, was uns denn so alles vor die Linse fährt. Weiße Lieferwagen auf der bahnparallelen Bundesstraße natürlich, kein einziger Güterzug, dafür aber ein paar Freizeitkapitäne und von links der Intercity 2218 mit satten 14 Waggons! Von rechts nähert sich der nächste SBB-Eurocity. Leider habe ich für den IC 5 m zu früh abgedrückt.
Zug, Land, Fluss! Sogar das Schiff kam im rechten Moment und ist ganz mit drauf. Halbe Schiffe auf Fotos sind doof!




Im Gedenken an den Sonnenbrand von gestern ziehe ich es vor, eher im Schatten zu verweilen. Stressfrei ist es, so einfach mal nichts zu tun und am Ufer den Gedanken nachzuhängen. Und festzustellen, dass es am Rhein Muscheln gibt!
Muscheln am Mittelrhein! Man lernt nie aus!


Der örtliche Steinmetz hat am Ufer ein paar Grabsteine zum Probesitzen aufgestellt. So kann man die Wartezeit sinnvoll überbrücken. Das Modell mit der Nummer 1 ist zumindest in die engere Auswahl gekommen.


Michael schaut, ob er uns ein Mittagessen fangen kann. Leider gab es nicht einmal einen alten Schuh.


Ziemlich genau um 13 Uhr sollte drüben ein ICE vorbei kommen. Der hätte wunderbar zum Schiff gepasst, hatte aber leider Verspätung (oder das Schiff war zu früh, wir werden es nie erfahren).
13 Uhr, Osterspai, das Tankschiff "Leonie Deymann" zieht stromaufwärts an unserem Flusskilometer 572 vorüber.


Wenige Minuten später rollt dann auch die Weißwurst ihres Wegs.


Wir quälen unsere Nuckelpinne von Rheintal über den Berg ins Lahntal nach Bad Lahn. Nein, Bad Ems.
Vor dem Bahnhof ist ein ambulanter Corona-Test-Drive-in aufgebaut. (Handy-Foto)


Dem feudalen Kurort haben die Altvorderen standesgemäß eine kleine Bahnhofshalle spendiert. Gleich dröhnt ein Güterzug mit einer hässlichen Diesellok durch selbige.


Wir flanieren ein Stück durch den Ort. Von etwas weiter oben sieht das ganze dann so aus.
Bad Ems liegt nicht an der Ems!



Немецкиe железные дороги: Die größte mobile Behindertentoilette der Welt passiert als RE die russische Kirche von Bad Ems.


Anschließend gewinnen wir in der Spielbank noch ein paar Tausend Euro und fliegen mit dem Hubschrauber nach Hause. Ach nein, es waren Rubel. Müssen wir wohl doch mit dem Zug fahren.


Im verspäteten Intercity "Greifswalder Bodden" von Koblenz nach Monnem wollen wir die Fahrt standesgemäß ausklingen lassen, entern sogleich den nahezu leeren Speisewagen mit einer gut aufgelegten Bedienung...


...suchen uns einem Platz in Fahrtrichtung links (Flussseite!) und schreiten zur Tat. Das erste richtige Essen nach drei Tagen Fast-Food (und dem Krabbenbrötchen). Die Mahlzeiten werden jedoch nicht auf Porzellan gereicht, sondern zum Mitnehmen in einem Pappnapf. Essen darf man das aber auch direkt im Speisewagen, und auch richtiges Besteck gibt es. Es gibt Gulasch mit Nockerln, Michael degustiert einen Kuchen (160 g).
Ungewohnt, aber gewohnt lecker. Wer einmal aus dem Pappnapf frisst...



Lore Ley-Ley-Ley! Was in dem Moment gerade sonst noch am Fenster vorüberzog, weiß ich nicht.


Bei Flusskilometer 537 treffen wir eine alte Bekannte: Leonie Deymann! Es ist etwa 16:30 Uhr. Die Dame hat also seit unserem letzten Treffen rund 35 km in dreieinhalb Stunden zurück gelegt. Das macht ziemlich genau 10 km/h, was wiederum...
...einer Geschwindigkeit von rund 5,4 Knoten entspricht!



Mit diesen tiefschürfenden Überlegungen geht der Reisebericht nun zuende! Ahoi, tot ziens, und viele Grüße an die Kollegen von der christlichen Seefahrt!

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