Bahn(foto)radeln mit dem Radexpress

Mit Rad, Zug und Sohn durchs Donautal und über die Alb



Sommer! Das schöne Wetter trieb meinen Lütten (damals 8) und mich (XY) hinaus in die Natur. Aber nicht mit dem Auto, um diese Natur gleich wieder zu verpesten. Sondern mit Bahn und Zug. Allen Unkenrufen und Rambo-Radlern zum Trotz eine perfekte Kombination, denn man muss nicht dorthin zurück kehren, wo man losgefahren ist. Unser Ziel war das pittoreske Donautal. Dort, wo der noch junge Strom die Felsen durchbricht.

So starteten wir nach dem Frühstück mit dem - rechtzeitig Radplatz-reservierten - Gäubahn-Intercity nach Tuttlingen. Kurz ein Brötchen beim guten Bahnhofsbäcker ("jeder Krümel Qualität") geladen, und nach einer kurzen Wartezeit brachte uns der "Naturpark-Express" der Hohenzollerischen Landesbahn ins Herz des Tales, nach Beuron. Der "NPE" besteht aus der wohl einmaligen Kombination aus zwei NE81 und einem dazwischen gehängten, zum Fahrradwagen umgebauten Postwagen mit Steuerleitung. Ein ehrenamtliches Begleitteam des Vereins Naturpark Obere Donau hilft jeden Samstag und Sonntag auf dem Zug beim Laden der Fahrräder, verkauft Fahrkarten und Getränke, fertigt Packwagen und hinteren VT ab und gibt gerne touristische Hinweise. Ein dickes Lob für dieses langjährige Engagement an dieser Stelle!

Eines von vielen Fahrrädern, aber auch die nächsten 40 Räder wären gar kein Problem gewesen: "Pw90" der Hohenzollerischen Landesbahn im "Naturpark-Express", einem Zug des Baden-Württemberg-weiten Radexpress-Netzes.


Im Zug gibt es Papp-Bausätze für HzL-Regio-Shuttle.
Zwischen Tuttlingen und Beuron schafft man es, zwei Papp-RS1 zusammen zu falten und -stecken. Einer von ihnen hat übrigens die ganze Tour überlebt!
Ich hoffe, ich verstoße mit diesem Bild nicht gegen die Datenschutzrichtlinien.

In Beuron verlassen wir den Zug und begeben uns auf den Donautal-Radweg. Dieser verläuft vollständig abseits der Straßen und ist wunderbar zu befahren. Ein Ziel haben wir nicht - wir wollen einfach mal losfahren und schauen, wie weit wir kommen. Naja, und zwischendurch zeigt uns ein Blick ins Kursbuch, wo man vielleicht einmal eine kleine Pause machen müsste...
RE "Radexpress Donautal" mit 218 und Dduu zwischen Beuron und Hausen im Tal


Der "Naturpark-Express" kommt zurück. Vorne der Beginn einer hoffnungsvollen Karriere in der christlichen Seefahrt. Aufnahme östlich von Hausen im Tal.


Der nächste RE ist ein Schüttler-Doppel der Baureihe 611, irgendwo in der Gegend von Thiergarten.



Unterwegs.



An einer ehemaligen Wassermühle kann man sich frisches Fleisch kaufen und am offenen Grill unten am Flussufer grillen. Diese Pause wurde also nicht nach dem Fahrplan eingelegt. Gut gestärkt radeln wir weiter und schauen, was uns so überholt und begegnet.
Der 218-Zug kommt zurück und uns bei Inzigkofen Betriebsbahnhof entgegen.



Schließlich erreichen wir am Nachmittag Sigmaringen. Das war zwar nicht geplant, aber irgendwie hatten wir nie die Motivation, unterwegs abzubrechen. Immerhin rund 35 Kilometer haben wir bis hierhin auf den Rädern zurück gelegt - für den Stöpsel gar nicht schlecht! In weiser Voraussicht haben wir Badehose und ein Handtuch mitgenommen, und da der Radweg in Sigmaringen zufällig unmittelbar am Freibad vorüber führt... Nein, eine Diskussion ist nicht nötig: da gehen wir jetzt rein! Ah, das tut gut!

In einem Supermarkt ergänzen wir anschließend noch die Getränkevorräte, dann radeln wir zum Bahnhof weiter. Wegen der bekannten Sigmaringer Asylanten-Problematik ist die Bahnhofshalle inzwischen ab dem Nachmittag verschlossen, die Gestalten sitzen jetzt gegenüber im Park. Aber egal: Um 18:30 Uhr kommt der Radexpress mit der 218 wieder vorbei.


Rund 30 Fahrräder sind schon drin, und auch die nächsten 30 wären hier überhaupt kein Problem gewesen. Ladetor auf, Räder rein, Ladetor zu, Abfahrt. Ein Fahrradwagen, dazu noch mit Ladeschaffner, ist in solchen Radler-Eldorados wie dem Donautal durch keinen Mehrzweckbereich zu ersetzen! Und während die Erwachsenen sich auf den Ladevorgang konzentrieren, ist für den Kleinen natürlich etwas ganz anderes viel interessanter... Die Lok ist übrigens ungefähr so alt wie Papa (und noch genauso fit *hüstel*)

Danach beginnt der bahnmäßig schönste Teil des Tages: erschöpft, aber rundherum zufrieden, fahren wir am offenen Fenster hinter der 218 in den Sommerabend. Gut aufgehoben rollen unsere - und viele andere - Drahtesel vorne im Packwagen mit.
Leider viel zu schnell ist die gut eineinviertel Stunden lange Fahrt nach Ulm zuende. Eisenbahn kann so schön sein!



In Ulm beziehen wir ein kurzfristig telefonisch reserviertes Zimmer im bahnhofsnahen B&B-Hotel. Nach Ulm sind wir zum Übernachten gefahren, um am nächsten Tag, je nach Wetter, in verschiedene Richtungen gut losfahren zu können. Es gibt sogar noch Zimmer "oben mit Bahnhofsblick". Leider bekomme ich den Kleinen abends nicht wirklich ohne Diskussion ins Bett... Na sowas!
Letzter Blick auf die Eisenbahn vor dem Schlafengehen (älteres Bild einer früheren Übernachtung)


Den nächsten Tag kürze ich einmal ein wenig ab. Das Wetter ist nicht gaaanz so schön wie gestern. Aber Lust zum Pedale-Treten haben wir dennoch. So fahren wir um Viertel nach neun mit dem durchgehenden Radexpress "Schwäbische Alb", bestehend aus zwei top-gepflegten NE81 der Schwäbischen Alb-Bahn, hinauf nach Münsingen. Kurze Begrüßung mit den Kollegen dieses wunderbaren familiären Bahnbetriebes, dann fahren wir weiter nach Engstingen auf den Höhen der Alb.
"Engstingen, Endstation! Sie haben Anschluss mit dem "Rad-Wander-Shuttle" an die HzL nach Sigmaringen und...



...an den Bus zur Nebelhöhle".
Wer genau hinschaut, sieht rechts den Papp-RS1 der HzL im Rucksack stecken.

Ein Mercedes O 302 aus dem Jahre 1966 fährt sonntags eine Ausflugslinie von Reutlingen über Gönningen auf die Alb sowie mehrere Zwischenfahrten zu verschiedenen Ausflugszielen. Auch Räder werden mitgenommen. Weil das Kinderfahrrad auf dem Anhänger nicht sicher fixiert werden kann, wird es kurzerhand in den Stehplatzbereich des Busses gelegt.
Planmäßiger Oldtimerverkehr! Sehr nett, wenngleich auf diesem Kurs nur schwach nachgefragt.

An der Nebelhöhle verlassen wir Bus und Hänger mit ihrem gut aufgelegtem Fahrpersonal.


Wir radeln zunächst hinüber zum Schloss Lichtenstein und, nach einer kleinen Besichtigung, die Alb hinunter nach Reutlingen. Der Radweg nutzt dabei die Trasse der ehemaligen Bahnstrecke, die sich einst mit Zahnstange in 9%igem Gefälle den Abtrauf hinauf arbeitete.
Auf den Spuren des steilen Zahns - Heidewitzka!



Von Reutlingen fahren wir am frühen Nachmittag schließlich mit einem modernisierten DB-Regio-Shuttle und dann einer "Hamsterbacke" über Herrenberg nach Hause zurück. In der Böblinger Bahnhofgaststätte gibt es noch ein deftiges Abschlussessen: nach insgesamt 65 Kilometern haben wir uns das auch verdient! Verbunden mit der Erkenntnis: Bahn und Rad - das passt! Die richtigen Fahrzeuge, passendes Wetter und eine schöne Strecke natürlich voraus gesetzt. Müßig zu sagen, dass an beiden Tagen sämtliche Anschlüsse funktioniert haben!

Viele Grüße, und ja, ich weiß: lila-farbene Fahrräder sehen wirklich bescheuert aus...

www.desiro.net